Die See auf dem Ärmelkanal ist ruppig und „De Madelaine“, ein Trawler aus dem niederländischen Fischerdorf Urk, kämpft sich durch die Wellen. Eigentlich wollten die Fischer auf einem Fangplatz in der Nähe arbeiten, doch die ersten Hols liefen enttäuschend. Nun will es der Kapitän woanders probieren, ein ganzes Stück näher an der Küste von Frankreich.
Teunis de Boer greift nach seinem Fernglas. Da schwimmt doch etwas im Wasser? Er schaut genau nach. Da ist: ein Mensch! Ein winkender Mann auf einer Boje.
De Boer gibt Alarm und steuert seinen Kutter vorsichtig an den Schwimmkörper heran. Die Crew wirft einen Rettungsring aus, und mit letzter Kraft gelingt es dem Schiffbrüchigen, sich daran festzuhalten. Die Fischer ziehen ihn an Bord. Sie können es kaum glauben.
Was sich zuträgt auf dem Ärmelkanal zwischen England und Frankreich, einer der meistbefahrenen Wasserstraßen der Welt, ist ein – man sollte mit dem Begriff vorsichtig sein, aber in diesem Fall trifft er ziemlich genau – ein Wunder. Der Mann, den die Fischer retteten, ist Ende 20, ein Brite, der versucht hatte, mit einem Kajak zum Kontinent zu paddeln. Immer wieder warnen Behörden vor solchen Abenteuern, doch immer wieder werden diese Appelle ignoriert.
48 Stunden in kalter See
In Dover startete der junge Engländer. Als sein kleines Boot in den Wellen kenterte, schwamm er auf die Boje zu und klammerte sich daran fest. Mehr als 48 Stunden harrte er in der kalten See aus.
Seine Augen liegen tief in den Höhlen, wie ein Foto der Fischer zeigt. Sie stecken den Schiffbrüchigen in wärmende Decken, geben ihm Snickers und Wasser, er trinkt viel Wasser. Seine Körpertemperatur beträgt noch 26 Grad.
Eine solche Unterkühlung kann tödlich enden. Er berichtet mit leiser Stimme, dass er Muscheln von der Boje pulte und Seetang aß. So hielt er durch. Mehr als ein Wispern bringt er nicht heraus. Immer wieder formt er mit den Fingern Herzen, um die Dankbarkeit für seine Retter auszudrücken. Eine halbe Stunde später hätte er sein Leben nicht mehr festhalten können.
Kapitän Teunis de Boer alarmiert die französische Küstenwache, die einen Helikopter schickt. Die Crew winscht den Briten auf und fliegt ihn ins Krankenhaus von Boulogne-sur-Mer.
Er überlebt.
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