Zu den seltsamen Hobbys von Oligarchen gehört es, eine möglichst große Jacht zu besitzen. Natürlich braucht auch Jeff Bezos, Amazon-Gründer und Großmeister in Sachen Ausbeutung und Steuerersparnis, ein schwimmendes Ausrufezeichen.
Also gab er in einer Werft von Rotterdam „Y721“ in Auftrag, einen 127 Meter langen Dreimaster, der später "Koru" genannt werden sollte. Die größte Segelyacht der Welt und das längste und teuerste Privatschiff, das je in den Niederlanden gebaut wurde. Knapp eine halbe Milliarde Euro soll das Spielzeug kosten, ausgerüstet mit „einem Schnickschnack, den die Welt noch nie gesehen hat“, wie das ein Schiffsmakler ausdrückte.
Rotterdam gegen Bezos Superyacht
Doch bei allen Superlativen hatten die Planer ein klitzekleines Detail übersehen: Wie kommt das Schiff denn von der Werft aufs Meer?
Im Weg war nämlich eine alte Brücke, die „Koningshavenbrug“, im Volksmund liebevoll „De Hef“ genannt. Einst rumpelten Züge über die Hubbrücke, heute steht sie unter Denkmalschutz. Nach dem Zweiten Weltkrieg, in dem Rotterdam von deutschen Bomben dem Erdboden gleichgemacht wurde, hatte man sie wieder aufgebaut. Sie ist „nur“ 46 Meter hoch.
Die Werft stellte einen Antrag, das bewegliche Mittelstück der Brücke für die Durchfahrt zu demontieren. Was für ein altes Bauwerk manches Risiko birgt. Als der Plan durchsickerte, machte sich Empörung breit in Rotterdam, einer Hafenstadt, die auch für derbe Flüche bekannt ist. Das Wahrzeichen „De Hef“ demontieren und womöglich beschädigen, damit ein „größenwahnsinniger Milliardär“ spazieren fahren kann? Jetzt reichte es aber!
Ein fauliger Empfang
Besonders in den Sozialen Medien steigerte sich die Wut. Sie gipfelten im Aufruf, „Y721“ bei der Passage mit einem Hagel aus Eiern einzudecken, die am Besten das Verfallsdatum überschritten haben sollten. Mehr als 4000 Menschen aus Rotterdam und dem Umland meldeten sich dafür an. Sympathiebekundungen trafen aus der ganzen Welt ein.
Es versprach spannend zu werden an „De Hef“.
Die Werft zog den Antrag zurück. „Aus Furcht vor Vandalismus“, wie ein Sprecher der Rotterdamer Stadtverwaltung mitteilte. Die Reaktionen seien einfach zu heftig gewesen. Die Yacht wurde unfertig und heimlich unter der Brücke hindurch gezogen und in einem anderen Schiffbauunternehmen an der Küste zusammengebastelt.
Ein kleiner Sieg für Rotterdam.