Die Lage an Bord des Rettungsbootes Alan Kurdi der Hilfsorganisation Sea-Eye im Mittelmeer spitzt sich dramatisch zu. 150 gerettete Flüchtlinge sind an Bord, doch die Behörden in Italien und Malta verweigern das Anlegen. Inzwischen wurde etwas Nahrung an Bord gebracht – doch eine Entspannung ist während der Osterfeiertage nicht in Sicht.
Schon am Montag hatte die kleine, nur 39 Meter lange Alan Kurdi 150 Menschen aus zwei Holzbooten vor der libyschen Küste gerettet. Seither ist das Schiff auf dem Mittelmeer unterwegs, ohne zu wissen, welchen Hafen es anlaufen darf. Italien und Malta haben wegen der Corona-Pandemie ihre Häfen geschlossen und weisen jede Verantwortung von sich. An Bord ist es so eng, dass die Menschen kaum schlafen können, meldete Kapitänin Bärbel Beuse. Zwischenzeitlich gab es einen Mangel an Nahrung und Medikamenten.
Hilferufe des Schiffes unter deutscher Flagge waren zunächst ignoriert worden, doch in der Nacht zum Samstag entschied die italienische Rettungsleitstelle zumindest, die Alan Kurdi mit Lebensmitteln zu unterstützen. Ein Schiff der Küstenwache brachte Reis, Couscous, Müsliriegel und Kartoffeln. „Das führt wenigstens dazu, dass Crew und Gäste nicht während einer Seeblockade an Ostern verhungern“, heißt es in einer Stellungnahme von Sea-Eye.
150 Gerettete an Bord der Alan Kurdi
Eine Lösung für das Problem, wo die Geretteten an Land gehen, zeichnet sich indessen nicht ab. „Die Menschen an Bord müssen dicht an dicht miteinander leiden“, schrieb Gordon Isler, Sprecher von Sea-Eye, am Samstagmorgen in einer Stellungnahme an Ankerherz. Viele Menschen seien in der libyschen und maltesischen Search and Rescue Zone in Seenot. Aktuell verbietet Libyen einem Schiff der sogenannten „libyschen Küstenwache“ mit rund 280 Personen das Einlaufen in einen Hafen. Weil keine Atemschutzmasken vorhanden seien, hat die „libysche Küstenwache“ angekündigt, bis auf weiteres niemanden mehr zu retten.
„Wir befürchten, dass niemand mehr bereit ist, diesen Menschen zu helfen. Wem in Europa soll denn damit geholfen sein, wenn diese Menschen jetzt sterben?“, schreibt Isler. „Es kann doch nicht sein, dass das gesamte zentrale Mittelmeer zur Todeszone wird.“ Wie viele Menschen in den vergangenen Tagen bei der Flucht ertranken, ist nicht bekannt.
Wie viele Menschen ertranken im Mittelmeer?
Am Karfreitag hatte die italienische Küstenwache zumindest einen Mann „aus psychologisch-gesundheitlichen Gründen“ von der Alan Kurdi geholt. Das Schiff steuert nun den Nordwesten von Sizilien an, den man am Samstagabend erreicht. Dort will Kapitänin Beuse unter Land Schutz vor aufziehendem schlechten Wetter suchen. „Ohne Erlaubnis wird das Schiff nicht in italienische Gewässer einfahren“, schreibt Isler.
Wie kann eine politische Lösung aussehen, in einem Europa im Bann der Coronakrise? Im Bundesinnenministerium in Berlin hieß es, die Bundesregierung prüfe alternative Orte, an denen die Menschen eventuell an Land gehen könnten. Man stehe dazu in Kontakt mit verschiedenen „europäischen Partnern“. Deutschland sei bereit, einen „konstruktiven Beitrag“ zu leisten, hieß es. Die Regierung in Rom sieht hingegen allein Deutschland in der Pflicht.
Wir von Ankerherz wünschen Kapitänin Beuse, der Crew der Alan Kurdi und allen Menschen an Bord, dass die Situation bald geklärt ist. Was für traurige Ostern werden es ansonsten.