Chaos in Englands Häfen: Die Reederei P&O hat mit sofortiger Wirkung 800 Mitarbeiter entlassen. Der Betrieb der Fähren wurde bis auf Weiteres eingestellt. Crews und Gewerkschaftsvertreter reagierten wütend. Ein Kapitän verschanzte sich mit seiner Crew zwischenzeitlich auf seinem Schiff im Hafen von Hull, wie englische Medien berichten.
Die Nachricht übermittelte das Management von P&O in einem Zoom-Call. P&O rechtfertige den überraschenden Schritt damit, dass die übrigen 2200 Mitarbeiter „geschützt“ werden müssen. Die Reederei, deren Zentrale in Dubai sitzt, habe Jahr für Jahr einen mehr als 100 Millionen Pfund Schulden gemacht. Die Corona-Zeit habe die Lage weiter verschärft. In dieser Zeit erhielt die Reederei andererseits auch Millionen Pfund staatliche Unterstützung.
Nautilus union chief: ‘The news that P&O Ferries is sacking the crew across its entire UK fleet is a betrayal of British workers. It is nothing short of scandalous given that this Dubai owned company received millions of pounds of British taxpayer’s money during the pandemic
— Richard Meade (@Lloydslisted) March 17, 2022
P&O steht massiv in der Kritik
Gewerkschaftsvertreter reagierten wütend auf den radikalen Schritt der Reederei-Leitung und auch die Art und Weise. Man befürchtet, dass die Crews durch günstige Arbeitskräfte aus Osteuropa ersetzt werden. Auch die englische Regierung verurteilte die Massenentlassung. Premierminister Boris Johnson sei darüber nicht informiert worden. Die Reederei setzte nach Medienberichten auf anderen Schiffen teilweise maskiertes Sicherheitspersonal ein, um Mitarbeiter mit Handschellen von Bord eskortieren zu lassen.
In den Häfen von Dover und Hull strandeten derweil viele frustrierte Reisende. Auch bildeten sich lange Lastwagenstaus im Umfeld der Häfen. Das Chaos könnte noch mehrere Tage andauern. Reisenden wird geraten, sich in den nächsten Tagen nach anderen Verbindungen umzusehen.
Kapitän lässt Gangway einholen
Die Crew der Fähre „The Pride of Hull“ verschanzte sich aus Protest vorübergehend an Bord ihres Schiffes. Kapitän Eugene Favier, ein Niederländer, ließ die Gangway einholen und weigert sich mit seinen 141 Crewmitgliedern, Polizisten und Sicherheitspersonal an Bord zu lassen. Er begründete dies mit Sicherheitsbedenken, denn seine Crew könne schlecht behandelt werden. In einer Ansprache sagte er, dass er nach Seerecht jedem den Zutritt an Bord seines Schiffes verweigern könne. Man habe ausreichend Proviant an Bord, um eine lange Blockade auszuhalten.
Kapitän Favier verließ nach einem Bericht des Mirror mittlerweile das Schiff, um auf dem King George Dock direkt mit Vertretern von P&O zu verhandeln. Nachdem „der Held“ (Mirror) mit schriftlichen Zugeständnissen zurückkehrte, verließen einige Crewmitglieder das Schiff. „Ich habe erwachsene Männer auf der Pier weinen sehen“, sagte ein Gewerkschaftsvertreter der Zeitung. Er kündigte Proteste in englischen Häfen und rechtliche Schritte gegen P&O an.