Zeitreise auf Ameland, eine kleine niederländische Insel. Am 27. September 1778 glauben die Bewohner des Dorfes Hollum, einem Geist zu begegnen. Kapitän Hidde Dirks Kat, der berühmte Walfänger, ist zurück! Er galt viele Monate lang als verschollen und man vermutete, dass er im Packeis Grönlands erforen war. Die Geschichte einer Legende.
In den Straßen und Gassen des Dorfes, ganz im Westen der Insel, verbreitet sich die Nachricht seiner Rückkehr wie ein Feuer im Wind. Die Insulaner leben im 18ten Jahrhundert vom Walfang. Viele Männer Amelands wagen die Reisen ins kalte Polarmeer, um ihren Familien ein Auskommen auf der kargen Insel zu sichern. So geht es damals vielen Dörfern und Gemeinden im Norden, und kommt es zu einem Unglück, trifft es die Menschen doppelt hart. Die Hinterbliebenen verlieren nicht nur Väter und Söhne, sondern leiden Hunger.
Die Walfänger von Ameland
In Diensten eines Reeders aus Hamburg war Hidde Dirks Kat am 5. März 1777 mit der Brigg „De Juffrow Klara“ in Hamburg ausgelaufen. Die Reise ging nach Spitzbergen, wo man Robben und Wale jagte. Zunächst mit großem Erfolg. Doch dann wurde die Brigg des Kapitäns von Ameland am 6. August wie vier weitere Schiffe vom Packeis eingeschlossen. Nun begann ein eisiger Kampf ums Überleben.
Eisschollen zerstörten zwei Schiffe. Die Crews lebten nun auf den drei Schiffen. Im Wasser trieb der Speck der bereits erbeuteten Wale, was Eisbären anlockte. Die Männer hatten immer wieder mit Angriffen zu tun, schossen einige Eisbären und ernährten sich von ihnen. So vergingen die Wochen, bis ein harter Sturm aufzog.
Von Ameland ins Polarmeer
Die Männer mussten aufs Eis flüchten. Eigentlich ein sicheres Todesurteil, denn Rettung, das war klar, konnten sie erwarten – und der Winter hatte noch nicht mal begonnen. Kapitän Hidde Dirks Kat entschied, nicht auf den Tod zu warten. Sondern mit seinen knapp 50 Männern zu Fuß nach Grönland zu laufen. Mit einem Kompass, zwei Bootshaken, einem Teekessel und letzten Resten von Proviant brach die Crew auf. Zwei Crewmitglieder, die nicht mehr gehen konnten, musste man ihrem Schicksal überlassen.'
Woher wir dies alles so genau wissen? Hidde Dirks Kat schrieb ein Tagebuch, was für Historiker ein wahrer Schatz ist. Er notierte, was auf dem Eis geschah. Je länger die Wanderung ums Überleben dauerte, desto kleiner wurde die Gruppe. Männer erfroren in den kalten Nächten. Sie fielen ins Wasser und ertranken oder wurden von treibenden Eisschollen zerquetscht. Als die Gruppe das Festland von Kap Farvel erreichte, waren 32 Männer tot.
Inuit retteten die Walfänger
Die Überlebenden begegneten einer Gruppe Inuit. Sie nahmen die von Kälte und Hunger entsetzlich zugerichteten Männer auf, pflegten sie und brachten sie in die dänische Kolonie Frederikshåb. Missionare kümmerten sich um die Walfänger. Als es endlich wieder wärmer wurde, konnten die Männer die Heimreise antreten. Dieser Teil der Historie erinnert an den Roman „Nordwasser“ von Ian McGuire.
Kommandant Kat fuhr danach wieder zur See, aber nicht, um Wale zu jagen. Eine kluge Entscheidung, denn die Briten beschlagnahmten 1798 die niederländische Flotte. Von den Walfängern Amelands fuhren zwei im Jahre 1802 zum letzten Male ins Polarmeer. Kat befehligte Handelsschiffe und veröffentlichte sein Tagebuch in Haarlem, was als wahre Abenteuergeschichte ein großer Erfolg wurde. Er starb als wohlbeleibter und wohlhabender Mann, bekannt für sein Faible für Hutmode, in seinem Heimatdorf.
Eine Straße wurde nach ihm benannt, ein Standbild erinnert an ihn. Seine Legende wird im Dorf noch heute erzählt.
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Das Pferderettungsboot der Insel Ameland. Ein Spektakel am Strand der Insel. // Foto: Ankerherz