Warum Hitze für Obdachlose so gefährlich ist. Es wird heiß auf den Straßen in diesen Sommertagen. Für Obdachlose beginnt nun eine gefährliche Zeit. Lest einen Auszug aus dem Buch „Unter Palmen aus Stahl“ von Ankerherz-Autor Dominik Bloh. Es ist nun als Paperback erschienen (hier im Ankerherz Buchladen zu haben).
Der Sommer ist die Zeit des Vergessenwerdens. Im Sommer scheint es fast, als seien wir unsichtbar.
Man versucht, uns nicht zu sehen. Für die Stadt ist man nur der hässliche Fleck in einem schönen Bild. In der City findet man kaum einen Bereich, in dem man für einen Moment zur Ruhe kommen kann. Ladenbesitzer oder Security-Personal entfernen einen aus den Eingängen. Als Normalbürger fällt es einem nicht so auf, aber es gibt viele Menschen, die nur dafür da sind, anderen zu sagen, wo sie nicht hingehören. Im Sommer will man sich von uns wegsetzen. Wir müssen ja mit wenigen Klamotten auskommen. Im Sommer stinkt man schneller.
Für Obdachlose ist Hitze gefährlich
Darum werden wir als unangenehm empfunden. Ich spüre das Fremdschämen. Darum werden wir ausgeblendet. Im Sommer wirken alle Menschen glücklicher. Ich sehe sie mit ihren Freunden feiern, schwimmen gehen und die schönen Tage genießen. Während ich mir das vorstelle, vereinsame ich oft auf der Parkbank. Ich schaue nur zu, wie andere lachen. Die Mitmenschen erscheinen mir gefühlskälter, je wärmer es wird.
Alles blüht. Ich verwelke. Ich würde mir wünschen, dass wir im Sommer genauso teilen wie im Winter. Menschen, die weniger haben, etwas abgeben.
Wasser rettet vor Dehydrieren
Ja, wir sind die, die nach dem Grillfest die Flaschen einsammeln. Während im Winter manchmal Gruppen für Obdachlose kochen, sehe ich im Sommer selten, dass jemand ein Stück Fleisch übrig lässt und den Pappteller einem Obdachlosen reicht. Auch das gekühlte Bier wird bis zum letzten Schluck genossen. Da geht keine Flasche aus dem Sixpack an einen Fremden.
Wo machen wir den Unterschied?
Im Sommer kann Wasser vor dem Dehydrieren retten.
Brennt die Sonne, hilft Wasser immer weiter, und es ist gar nicht mehr so einfach, an Wasser zu kommen. Die Vertreibung der Obdachlosen aus den Innenstädten wird immer konsequenter und härter durchgezogen.
Wasserquelle S-Bahnhof Reeperbahn
Meine Wasserquelle befindet sich am S-Bahnhof Reeperbahn. Dort kann man auf dem Bahnsteig eine Verkleidung öffnen, dahinter ist ein Hahn. Es kommt sauberes Wasser heraus; hier fülle ich meine Flaschen auf zum Trinken oder Waschen. Im Sommer, wenn die Nächte warm sind, gibt es in Hamburg wunderschöne Orte. Dort kann man stundenlang in die Sterne blicken, bis die Sonne über dem Hafen aufsteigt. (…)
„Unter Palmen aus Stahl„, der SPIEGEL-Bestseller von Dominik Bloh, ist nun als Paperback erschienen. Überall im Handel und hier im Ankerherz Buchladen erhältlich.