Heute wird der heißeste Tag des Jahres. Gestern wurde der deutsche Hitzerekord mit 40.5 gemessen, ausgerechnet in Geilenkirchen. Deutschland schwitzt – und manche stöhnen. Kapitän Schwandt sagt: Nehmt Euch vor den Hitze-Jammerern in Acht. Eine augenzwinkernde Kolumne aus dem Band „Klare Kante„.
„Stimmt die Wettervorhersage, dann schwitzen Sie gerade. Ein heißer Sommertag, doch soweit normal. Ich warte drauf, dass jemand von der „Sahara-Peitsche“ oder von der „Killer-Hitze“ schreibt. 38 Grad? Sonne? Super, früher nannte man es Sommer. Und achten Sie drauf: Es stöhnen garantiert dieselben Leute, die noch vor einer Woche klagten, dass es zu kalt und zu nass und überhaupt zu sibirisch ist. Meine Güte, das Leben ist kein Streichelzoo mit Klimaanlage! Machen Sie lieber einen Bogen um Hitze-Jammerer.
Nicht aufregen: Cool bleiben
Über das Wetter zu motzen, ist ungefähr so sinnvoll, wie den Kopf immer wieder gegen eine Wand aus Zement zu hauen. Ich habe mir abgewöhnt, mich über Dinge aufzuregen, die ich nicht ändern kann. Wer indes die Kunst des Wetterjammerns meisterhaft versteht, sind unsere Landwirte. Ich muss einschränkend erwähnen, dass zwischen Seeleuten und Bauern eine tiefe, herzhafte, gegenseitige Ablehnung besteht. Wir mögen uns einfach nicht. Nehmen Sie also nicht alles so ernst, was nun folgt.
Der Bundesbauerverband sollte sich in „Bundesbauernjammerverband“ umbenennen. Immer ist irgendwas: das Frühjahr war zu nass, der Sommer zu trocken, oder umgekehrt, hinzu kommen böse Gewitter, Hagelschlag, Kälte, Erntesorgen, es wird auf einem Niveau gejammert, dass jeder Grieche neidisch wird. Aber haben Sie jemals erlebt, dass die Preise für Verbraucher sinken, wenn das Wetter optimal ist? Eben. Die Jammerei hat System, denn es gilt, Subventionen zu sichern. Jede Kuh in der EU ist mit knapp 800 Euro subventioniert, also mit unserem Steuergeld. In keinem Bauernkalender sollte daher die Weisheit fehlen: „Ist das Frühjahr warm uns nass / füllt die EU Scheun`und Fass.“
Cognac statt Wasser
Ich werde mich heute mit einem Kaltgetränk und meinen Zigaretten auf die Terrasse setzen. Hitze kann mir wenig anhaben, seit ich als Matrose in Gaza eine Ladung mit Mehlsäcken abladen musste. Doppelzentner, bei 45 Grad im Schatten, und das Problem war: Es gab keinen verdammte Schatten. Unbeliebt war auch die Maloche auf einem Tanker, wenn wir mit Dampfschlauch und Gasmaske die Laderäume ausspritzten, bei mehr als 50 Grad. Das hielt niemand länger als fünf Minuten aus, und statt Wasser kippten wir Cognac, wenn wir zum Luftschnappen an Deck kletterten.
Genießen Sie die Zeit im Freibad, am Elbstrand oder irgendwo sonst im Schatten oder am Wasser.
Jürgen Schwandt, Jahrgang 1936, wuchs in Sankt Georg auf. Bis zu seinem gesundheitlichen Rückzug schrieb der Kapitän eine Kolumne für die „Hamburger Morgenpost“. Das Buch Klare Kante sammelte die besten Geschichten. Überall im Handel und hier bestellen.