Kunst am Strand: In der Düne von Noordwijk, dem Seebad nahe Amsterdam, steht eine kleine Bronzestatue. Die meisten Passanten flanieren vorbei, ohne sie zu beachten. Dabei hätte sie es verdient. Die kleine Geschichte eines großen Kunstwerks an der Nordsee.
An der Strandpromenade des Seebades Noordwijk stehen mehrere Statuen. Die niederländische Königin Wilhelmina, die hier im April 1940 die niederländischen Truppen besuchte, in Bronze. Die Astronauten des nahen Europäischen Raumfahrtzentrums werden ebenso gewürdigt wie berühmte Persönlichkeiten, die im ehemaligen Fischerdorf Noordwijk lebten: Thomas Mann, der Maler Max Libermann, Maria Montessori, Sigmund Freud oder der Schriftsteller Daniël Noteboom. Dann gibt es eine barbusige Meerjungfrau – und ganz am Ende der Promenade eine kleine, eher unscheinbare Statue.
Auch im Internet findet man wenig bis nichts über das kleine Kunstwerk, und niemand hat sich die Mühe gemacht, den Standort bei Google Maps zu markieren. Mich beeindruckt die Bronzeplastik dennoch jedes Mal, wenn ich daran vorbei komme.
Kunst am Strand von Noordwijk
„Man met drenkeling“, hießt sie und zeigt einen Mann, der eine leblose, ertrunkene Person trägt. Ein Mann mit einem harten, ausdruckslosen Gesicht unter einem Südwester, der aus den Wellen kommt.
Die kleine Statue erinnert an ein tragisches Ereignis und daran, dass die See unerbittlich ist. Am 24. November 1919 ertranken drei Seenotretter aus Noordwijk, als ihr Boot im Einsatz kenterte. Sie hatten im Sturm versucht, der Besatzung eines Loggers aus dem benachbarten Katwijk zu helfen. Auch ein Matrose des Loggers verlor sein Leben. Seit 1976 steht diese kleine Statue, die seinerzeit von der Witwe eines Seenotretters eingeweiht wurde, nahe des Strandes. Die Künstlerin Charlotte van Pallandt (1898–1997) hat sie erschaffen, im Auftrag der Königlichen Rettungsgesellschaft.
Die meisten Passanten schlendern an der Statue vorbei. Als man die Dünen aufschüttete, um vor den Stürmen der Nordsee gewappnet zu sein, versetzte man sie. Diese kleine Statue eines Mannes, der einen Ertrinkenden in den Armen hält, ist auch ein Sinnbild: Alle träumen von der Schönheit der See, die so anziehend wirkt.
Von der Gefahr und dem Leid, dass das Meer vielen Menschen gebracht hat und auch jederzeit bringen kann, wollen wir wenig sehen. Die kleine Statue ist eine Erinnerung daran.