Auch an diesem Abend sitzen die Fischer am Tresen, vor Bier in großen Gläsern und Schnaps aus Schottland, und erzählen ihre Geschichten. Fluchen über den schlechten Fang und tauschen den neuesten Hafentratsch aus. Ab und zu sehen sie verstohlen herüber, kein bisschen feindselig, eher neugierig, wie man einen Fremden im Dorf eben mustert. Schon immer geht das so, seit 1812, als aus dem alten Farmhaus der Pub der Fischer wurde.
Wenn die Männer von der Nordsee zurückkommen und die schmale Hafeneinfahrt des Dorfes Seahouses passieren, ist das Haus aus braunem Naturstein das erste, was sie sehen. Oben auf der leichten Anhöhe, deutlich zu lesen: The Olde Ship Seahouses. Früher kamen sie aus ganz Großbritannien hierher, an die berüchtigte Nordostküste, Northumberland, im Norden von Newcastle. Trotz aller Gefahren, sogar aus St. Ives in Cornwall oder Inverness im Westen Schottlands. Die Aussicht auf reichlich Hering in den Netzen schien es Wert zu sein.
Olde Ship Seahouses – im Pub der Fischer
Heute liegen nur noch wenige Fischerboote im Hafen, denn die großen Fänge werden weit draußen gemacht, auf Industrietrawlern. Heute haben Ausflugsboote an der Pier festgemacht, die Touristen zu den Farne Islands bringen. Touristen statt Heringe, die Zeiten haben sich geändert.
Das „Olde Ship“ ist der letzte Ort, und wenn einmal der letzte Fischer aufgegeben hat, weil es sich einfach nicht mehr lohnt, wird es ein Museum mit Tresen sein. Mit Rettungsringen, Schiffsglocken, Steuerrädern, Positionslaternen und Instrumenten an den Wänden, einer Galionsfigur in der Ecke, und vielen Fotos. Schwarz und Weiß oder in den überzeichneten Farben der 1980er Jahre: Männer unter Schiebermützen, die Gesichter von der See geschliffen, vor sich Bier in großen Gläsern und Schnaps aus Schottland. Es ist ein ehrlicher Ort, ein sozialer Ort. „Real meals. Real drinks. Real fire“, steht draußen auf der Kreidetafel.
Kein Platz für Bullshit
Alles echt hier, kein Platz für Bullshit. Man sieht im „Olde Ship“ von Seahouses kein Mobiltelefon auf den Tischen, als würde es sich niemand trauen, es herauszuholen. Aus der Ecke ist kurzes, hartes Lachen zu hören. Ein Mann, der das Haar trägt wie Rod Stewart 1972, knallt sein Pintglas auf den Tresen verabschiedet sich von den anderen mit einem Nicken.
Morgen ist er wieder hier.