Die Gefahr für Seeleute und Schiffe auf dem Nordatlantik ist derzeit außergewöhnlich hoch. Ein extrem schnell intensivierendes Sturmtief zwingt die internationale Schifffahrt zu großräumigen Ausweichrouten. Denn in diesen Bedingungen sind selbst große Frachtschiffe bedroht.
Südlich von Grönland hat sich ein massives Tiefdrucksystem mit einem Kerndruck von nur noch 938 Millibar gebildet. Es erzeugt Orkanwinde mit Geschwindigkeiten von bis zu 80 Knoten sowie Seegangsbedingungen mit Wellenhöhen von bis zu 54 Fuß (rund 16,5 Meter). Nach Angaben von Wetterdiensten handelt es sich um Bedingungen, die selbst für große Handelsschiffe als „extrem schwierig“ gelten.
Sturm auf dem Nordatlantik
Daten des AIS-Dienstleisters Pole Star Global zeigen, dass nahezu der gesamte transatlantische Schiffsverkehr deutlich nach Süden ausgewichen ist, um die höchsten Wellenfelder zu umgehen. Diese befinden sich vor allem in den südöstlichen und südwestlichen Quadranten des Sturmsystems.
Nur wenige Schiffe halten sich noch im am stärksten betroffenen Gebiet auf, das östlich von Neufundland liegt. Zu ihnen zählt der Massengutfrachter Nord Allegro (60.000 dwt), der dort mit etwa drei Knoten Fahrt nach Südosten läuft – weg vom Zentrum des Sturms.
Besonders bemerkenswert ist die Geschwindigkeit, mit der sich das Tiefdruckgebiet vertieft. Der Wetterdienst Meteoblue spricht von einem klassischen „Bombenzyklon“: Als solcher gilt ein außertropischer Sturm, dessen Kerndruck innerhalb von 24 Stunden um mindestens 24 Hektopascal fällt. In diesem Fall verläuft der Druckabfall sogar noch schneller. Meteoblue ordnet das System deshalb zu den intensivsten Nordatlantikstürmen der laufenden Saison ein.
Havarien rund um die Britischen Inseln
Die anhaltend stürmische Wetterlage hat in den vergangenen Tagen bereits mehrere Schiffsunfälle rund um die Britischen Inseln verursacht. Vor der Südwestküste Irlands lief am Sonntag der französisch registrierte Fischtrawler Fastnet nahe Dingle auf Grund. Das Schiff sitzt weiterhin fest auf den Felsen. Die Besatzung konnte per Hubschrauber gerettet werden. (HIER liest Du darüber im Ankerherz Blog).
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Bergungsteams versuchen derzeit, Zugang zum Schiff zu erhalten, um den Zustand zu begutachten und mit dem Abpumpen von Treibstoff zu beginnen. Starker Seegang erschwert diese Arbeiten erheblich. Umweltbehörden sind alarmiert, da sich schätzungsweise bis zu 10.000 Gallonen Treibstoff an Bord befinden könnten.
Auch an der walisischen Küste gibt es einen ernsten Zwischenfall. In den frühen Morgenstunden des 11. Dezember lief das 24 Meter lange Wachboot Resolute, das für einen Offshore-Windpark im Einsatz ist, nahe Aber Hywel in Nord-Pembrokeshire auf die Felsen. Vier Crewmitglieder befanden sich an Bord und setzten einen Notruf ab. Ein Hubschrauber der Küstenwache erreichte die Unfallstelle, konnte die Besatzung wegen der starken Bewegung des Schiffes in der Brandung jedoch nicht sicher aufnehmen.
Stattdessen wurde das Inshore-Rettungsboot der RNLI-Station Fishguard eingesetzt, ein kleines, für flache Gewässer und hohen Seegang geeignetes Boot. Beim Versuch des Übergangs ging ein Besatzungsmitglied über Bord. Der Coxswain des Rettungsbootes manövrierte umgehend vom Wrack weg, um den Mann aus dem Wasser zu bergen. Anschließend wurde auch das letzte Crewmitglied von der Resolute gerettet. Alle vier Personen konnten unverletzt an Land gebracht werden. Das Schiff liegt weiterhin auf Grund und hat Berichten zufolge Wasser aufgenommen. Maßnahmen zum Abpumpen von Treibstoff sind zur Vermeidung von Umweltverschmutzung in Vorbereitung.
Versorgung der Isles of Scilly beeinträchtigt
Selbst vergleichsweise kleinere Zwischenfälle zeigen derzeit spürbare Folgen. Der Küstenfrachter Gry Maritha erlitt nach dem Auslaufen aus Penzance am Freitagabend Schäden durch schweren Seegang. In St. Mary’s auf den Isles of Scilly konnte das Schiff wegen starker Dünung im Hafen nicht festmachen und keine Ladung löschen. Es musste ohne Entladung zum Festland zurückkehren.
Um die Versorgung der Inselbewohner sicherzustellen, wurden rund vier Tonnen Lebensmittel kurzfristig per Luftfracht auf die Inseln geflogen. Lokale Medien berichten, dass dies notwendig war, um Engpässe zu vermeiden...



























