Es geht noch gar nicht richtig los. Doch schon jetzt gibt es die Nachricht, vor der sich die Industrie fürchtet: Zehn Crewmitglieder sind an Bord von AIDA-Schiffen, die derzeit im Rostocker Seehafen liegen, positiv auf das Coronavirus getestet worden. Ein Experte übt derweil deutliche Kritik am Neustart der Kreuzfahrten.
Die Kreuzfahrtbranche, noch vor wenigen Monaten eine boomende Industrie, steht wegen der Corona-Pandemie enorm unter Druck. Eine Übergangslösung sollen in den nächsten Monaten Kurzreisen sein, „Blaue Reisen“ genannt, die ohne Landgang und Zwischenstopp nur über See gehen. Soweit der Plan, der von vielen skeptisch gesehen wird. Nur Seetage? Maskenpflicht und Social Distancing an Bord – ist das der Sinn einer Kreuzfahrt?
Kann das gut gehen?
Die Reedereien bereiten den Neustart der Kreuzfahrten vor. Am Mittwoch waren nun 750 Besatzungsmitglieder aus Asien mit drei Flugzeugen auf dem Flughafen Rostock-Laage angekommen. Zwei Flieger kamen aus Jakarta (Indonesien), einer aus Manila. Bei Tests wurden zehn Crewmitglieder positiv auf das Virus getestet. Neun der Betroffenen zeigten keine, ein Erkrankter leichte Symptome. Die Erkrankten befinden sich nach Angaben der Reederei nun in strenger Isolation.
Probleme schon vor dem Ablegen
Die Schiffe „AIDAmar“ und „AIDAblue“ stehen nicht unter Quarantäne. Alle Landgänge für die Crews aber wurden gestrichen. Am 5. August soll in Hamburg die „AIDAperla“ ungeachtet der Entwicklung zur Kurz-Kreuzfahrt ablegen, am 12. August in Rostock die „AIDAmar“ und am 16. August in Kiel die „AIDAblu“. „Mein Schiff 2“ von TUI Cruises ist am Freitag in Hamburg ausgelaufen; auch die Reederei Hapag-Lloyd kündigt einwöchige Reisen ohne Landgang an.
Nach Ansicht von Professor Alexis Papathanassis von der Hochschule Bremerhaven kommen diese Reisen „viel zu früh“. Papathanassis, der am Institut für Maritimen Tourismus lehrt, fürchtet im Gespräch mit der Nordsee-Zeitung nicht nur das Risiko eines Corona-Ausbruchs an Bord. „Ich hätte gewartet, so lange es nur geht“, sagt er. Bis ein Impfstoff gefunden sei, wäre es die besser, die Schiffe in den Häfen zu belassen. Die jetzige Strategie sei riskant und angesichts einer maximal möglichen Auslastung von 60% vermutlich kaum rentabel.
Neustart der Kreuzfahrten in der Kritik
Der Professor wirft der Branche mangelnde Transparenz vor und eine „schlechte Kommunikation“. Er frage sich, wie das Risiko einer Infektion an Bord minimiert werden solle. Aufgestellte „Zehn-Punkte-Pläne“ dienten alleine der Beruhigung der Passagiere. Er sei skeptisch, dass die Umgang mit den Hygieneprotokollen durchdacht und die Besatzung darin geübt sei. „Da kann einiges schiefgehen“, meint der Professor.
Grundsätzlich habe es die Branche verpasst, die Zwangspause für die Entwicklung einer „Kreuzfahrt der Zukunft“ zu nutzen. „Corona wird den Tourismus für alle Zeit verändern“, sagte Papathanassis der Nordsee-Zeitung. Die Reedereien sollten sich Partner an Land suchen und über die Kombination von Land- und Seereisen nachdenken. „Das wäre eine Investition in die Zukunft.“