Jeden Donnerstag, dem „Seemanns-Sonntag“, erscheint eine Kolumne von Fiete Sturm im Ankerherz Blog. Fiete ist der Seemannsdiakon von Hamburg-Altona und Leiter der Seemannsmission. Diesmal geht es um die Krise an Bord der Schiffe während der Corona-Krise – und eine besondere Botschaft von Papst Franziskus.
Moin!
Gestern hat sich Papst Franziskus mit einer Grußbotschaft an all die Seeleute gewendet, welche derzeit wegen der Corona-Krise auf ihren Schiffen festsetzen. Laut Schätzungen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) sind das weltweit circa 200.000 Menschen.
Das alles klingt vielleicht erst mal ein wenig abstrakt und schwer zu greifen. Aber was bedeutet das eigentlich ganz konkret? Und warum sind die Worte des Papstes so wichtig für viele Seefahrer?
Wenn man, wie meine Kollegen und ich, direkt am und im Hafen arbeitet, wird das schnell deutlicher. Aus meinem Bürofenster sehe ich drei Kreuzfahrtschiffe an den Terminals liegen. An Bord sind alle Crewmitglieder. Bis zu 3000 Menschen, die nicht nach Hause kommen und mitunter das Schiff nicht verlassen dürfen. Die körperliche und seelische Belastung ist höher, als sie es unter normalen Umständen ohnehin schon ist. Ich höre immer wieder von Menschen, die am Rande ihrer Belastungsgrenze leben und diese bereits überschritten haben
Seeleute depressiv durch ihre Arbeit
Drei Seeleute, mit denen ich lange sprach, hat die Arbeit depressiv und krank gemacht. Sie berichteten mir, dass sie wenig oder schlecht schlafen und mit schlechten Gedanken immer weniger klar kommen. Sie sind jung, Ende zwanzig bis Anfang 40.
Um die Situation etwas erträglicher zu gestalten, sind wir – von den drei Hamburger Seemannsmissionen – unterwegs und bringen persönliche Post, Snacks, Hygieneartikel und sonstige Dinge an die Gangways. Wir stehen für Online-Seelsorgegespräche zur Verfügung. Wir bringen Seeleute, die ihr Schiff endlich verlassen dürfen, in unseren Übernachtungshäusern unter.
In den letzten Wochen hatten wir in unserer Seemannsmission Hamburg-Altona, in enger Absprache mit den zuständigen Behörden, sogar positiv getestete Seeleute in Quarantäne genommen. Solange, bis sie ihre Krankheit auskuriert hatten. Die Kollegen aus Cuxhaven haben sich derweil intensiv um die Crew des Kreuzfahrtschiffs „MeinSchiff 3“ gekümmert.
Aber auch in der Frachtschifffahrt sind die Einschränkungen enorm. Viele Seeleute müssen ihre Verträge zwangsweise um teils Monate verlängern. Sie haben in absehbarer Zeit keine Möglichkeit zu ihren Familien zurück zu kehren. Wenn man dann noch bedenkt, dass unsere gesamte Weltwirtschaft ohne funktionierende Logistik über See kollabieren würde, kann man sich vorstellen, welcher Druck auf den Schultern der Seeleute lastet. Ein Druck, dem längst nicht mehr jeder standhält.
Da sind die Worte von Papst Franziskus wirklich wichtig. Nicht nur spendet er Trost für die vielen, oft gläubigen Vergessenen an Bord der Schiffe. Sondern er weist die Internationale Gemeinschaft auch auf das Drama hin, dass sich fast unbemerkt auf den Meeren abspielt. Darum bete und hoffe ich, aber arbeite mit all meinen Kollegen auch aktiv darauf hin, dass sich in dieser Tragödie bald etwas bessert.
Aus dem Hamburger Hafen,
euer Fiete Sturm
Wer den Seeleuten helfen möchte, kann dies am besten durch eine Spende an die Seemannsmissionen tun. Entweder lokal vor Ort oder hier im Hamburger Hafen:
http://www.seemannsmission-altona.org/
https://www.seemannsheim.hamburg/