Stefans Geschichten vom Meer: Der Fluch von Bamburgh Castle

Stefans Geschichten vom Meer: Der Fluch von Bamburgh Castle - Ankerherz Verlag

Was übertragbar ist auf Deutschlands schöne Orte am Meer. Sylt will jetzt Ferienwohnungen und Hotels verhindern. Spiekeroog ändert den Bebauungsplan, damit auch Insulaner eine Chance zum Alltagsleben haben. An vielen Orten – Föhr, Norderney, Rügen – gibt es Frust und ähnliche Probleme, und auch Diskussionen wie die über das Neun-Euro-Ticket zeigen, wie schwierig es ist, Gästeströme zu lenken.

Wie kann man das Problem lösen?

Ist es redlich, Tourismus über den Preis zu regeln? Ist das gerecht? Wenn nicht: Wie kann man sonst verhindern, dass Beliebtheit zur Belastung wird? Wie konserviert man eine Magie, die viele empfinden, auf eine Weise, dass sie individuell erhalten bleibt?

Wer Antworten weiß: bitte bei mir melden! Ich habe keine. Außer, dass ich Freunde demnächst schneller an Orte wie Bamburgh Castle schicke.

Bamburgh Castle ist ein Traum am Meer. Eine mächtige Burg, gebaut von Normannen, direkt in den Dünen von Northumberland. Doch nun ist aus der Schönheit ein Fluch geworden. Und die Lage ist vergleichbar mit den schönsten Inseln und Orten an Deutschlands Küste. Stefans neue Geschichte vom Meer.

Ich fühlte mich sofort wie in der Kulisse des Robin-Hood-Films mit Russell Crowe, der hier spielt. Eine Burg mit mächtigen Mauern, gebaut von den Normannen, in einer Landschaft aus Dünen. Dahinter ein zauberhaftes, kleines Dorf: ein Pub, eine typisch britische Telefonzelle, ein Krämerladen und ein Schlachter. „Carter & Son“ stand über der Tür.

Hilferuf vom Bamburgh Castle

Ich plauderte mit Mr. Carter, dem Vater, über das Geheimnis seiner sagenhaften Sausage Rolls und über das Leben in Bamburgh an der Nordostküste Englands. Im Sommer, ja, da könne es auch in Northumberland „etwas hektischer“ werden, erzählte der Metzger, ansonsten laufe im Dorf alles gemütlich ab.

Das ist ein paar Jahre her. Das war vor Covid-19.

Ich schrieb nie einen Artikel über Bamburgh Castle und den Strand und Mr. Carter und ich erzählte nur Freunden davon. Ist bei besonderen Orten doch so: Die bewahrt man für Menschen auf, die man mag, nicht für Instagram.  

Nun las ich von Bamburgh in der „Daily Mail“, einem der größten Boulevardblätter Großbritanniens. Es war eigentlich kein Artikel, sondern ein Ruf nach Hilfe. Die 414 „verzweifelten“ Dorfbewohner klagen, dass sie im vergangenen Jahr von mehr als 150.000 Touristen regelrecht „überrannt“ wurden. Warum? Zuerst tauchte Bamburgh auf Spitzenplätzen in Online-Umfragen nach dem schönsten Ort an der Küste auf. Vor allem reisten die Briten in der Corona-Zeit nicht mehr in den Süden oder irgendwo weit weg in die Sonne. Sie urlauben im eigenen Land. Sie entdecken Großbritannien neu.

Ewige Staus. Müll überall

Inzwischen erstickt das Dorf in ewigen Staus. Viele Tagesgäste parken mangels ausgewiesener Plätze wild. Überall liegt Müll, auch in den geschützten Dünen. Dazu gibt es Berichte, dass reiche Großstädter die Preise auch für das kleinste Cottage in unglaubliche Höhen treiben. Die Schönheit von Bamburgh ist zum Fluch geworden.

Was übertragbar ist auf Deutschlands schöne Orte am Meer. Sylt will jetzt Ferienwohnungen und Hotels verhindern. Spiekeroog ändert den Bebauungsplan, damit auch Insulaner eine Chance zum Alltagsleben haben. An vielen Orten – Föhr, Norderney, Rügen – gibt es Frust und ähnliche Probleme, und auch Diskussionen wie die über das Neun-Euro-Ticket zeigen, wie schwierig es ist, Gästeströme zu lenken.

Wie kann man das Problem lösen?

Ist es redlich, Tourismus über den Preis zu regeln? Ist das gerecht? Wenn nicht: Wie kann man sonst verhindern, dass Beliebtheit zur Belastung wird? Wie konserviert man eine Magie, die viele empfinden, auf eine Weise, dass sie individuell erhalten bleibt?

Wer Antworten weiß: bitte bei mir melden! Ich habe keine. Außer, dass ich Freunde demnächst schneller an Orte wie Bamburgh Castle schicke.

Stefan Kruecken, Jahrgang 1975, leitet den Ankerherz Verlag. Vorher war er Polizeireporter für die Chicago Tribune und arbeitete als Reporter für Zeitschriften wie max, Stern und GQ von Uganda bis Grönland. Zuletzt erschien das Buch „Überleben im Sturm“ über die Retter der RNLI.

 

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