Sanni Beucke ist Deutschlands beste Seglerin. Die Olympia-Zweite von Tokio hat einen großen Traum: die Vendée Globe, die härteste Regatta der Welt. Ankerherz Verlagsleiter Stefan Kruecken hat sie in Kiel getroffen.
In alten Zeiten waren Frauen auf Segelschiffen nicht gerne gesehen. Frauen brachten im Aberglauben der Seeleute das Unglück an Bord und lockten Stürme an. Wer nicht im Stehen über die Reling pinkeln konnte, sollte gefälligst an Land bleiben.
Der Traum der Sanni Beucke
Nun sind die Zeiten mit derartigen Ansichten vorbei, doch chauvinistische Sprüche bekommt Susann Beucke, Jahrgang 1991, allgemein „Sanni“ genannt, auch heute noch zu hören. Hochseesegeln ist eine Männerdomäne, und Frauen stören manche mit Flaute im Kopf. „Einer raunte mir zu, er würde mich enterben, wenn ich seine Tochter wäre“, erzählt mir die Kielerin.
In dieser Woche stellte sie in ihrer Heimatstadt große Pläne vor, auf dem Rummel an der Wasserkante, Kieler Woche genannt. Nach 15 Jahren im Olympischen Segelsport wechselt sie auf die Hochsee. Höhepunkt: In sechs Jahren will die Silbermedaillen-Gewinnerin der Spiele von Tokio als erste Deutsche bei der Vendée Globe starten.
Härteste Regatta der Welt
Man nennt die Einhand-Regatta den Mount Everest des Wassersports. 24.000 Seemeilen um die Welt, ein Ritt vorbei an Kap Hoorn und durch die gefährlichsten Seegebiete. Knapp 80 Tage mit Stürmen, Wellen, Treibeis, mit zehrender Einsamkeit, wenig Schlaf und Astronautennahrung. Der Hamburger Boris Herrmann schaffte es bei der letzten Ausgabe auf Platz 5 und löste einen kleinen Segel-Boom in Deutschland aus.
„Ich freue mich auf das Abenteuer“, sagt Sanni Beucke. Sie ist an die Atlantikküste Frankreichs gezogen, um schon jetzt zu trainieren. Ihr Arbeitstag auf dem Ozean hat häufig mehr als acht Stunden, und dies nur, um Segel zu testen. Sie ist auch nachts draußen. Sie lernt, jedes Teil an Bord selbst reparieren zu können. Auch handwerkliches Geschick gehört zur Herausforderung der Vendée Globe. Wer fremde Hilfe braucht, ist raus.
„This race is female“
Rückenwind bekommt Beucke von DB Schenker, einem der größten Seefrachtspediteure weltweit. „Nachhaltigkeit ist unser elementares Thema“, sagt Thorsten Meincke, Vorstand für globale Luft- und Seefracht. Bis 2040 will der Konzern Seefracht CO2-neutral machen – das passt das Image von Antrieb mit Wind. Für die Sportlerin bedeutet das Sponsoring einen enorm wichtigen Schritt. Denn Hochseesegeln ist richtig teuer.
„Nur dabei sein“ mag sie auf der Vendée Globe nicht. „Ich bin sehr ehrgeizig“, sagt Sanni Beucke. „Ich will das dann gewinnen. Und ich möchte Frauen ermutigen, etwas zu unternehmen, was sie sich vorher nicht zugetraut hätten.“ Körperlich mögen Männer überlegen sein, doch auf der langen Strecke komme es auf mentale Fähigkeiten an.
Auf die Seite ihrer Rennyacht hat sich Sanni Beucke eine Ansage lackieren lassen: „Dieses Rennen ist weiblich.“