Die Helden des Shetland Bus. Jeden Samstag veröffentlicht die Hamburger Morgenpost eine Geschichte vom Meer, aufgeschrieben von Ankerherz Verlagsleiter Stefan Kruecken. Diesmal geht es um die Widerstandskämpfer des Shetland Bus.
Diese Kolumne schreibe ich auf dem Nordatlantik, auf der Fähre nach Island. Wir sind unterwegs mit unserer „Skua-Tour“, benannt nach der großen Raubmöwe. Häfen der Reise sind Torshavn auf den Färöer und ein Dorf in einem tief verschneiten Fjord in Island, doch eigentlich geht es um die 1640 Meilen auf See. Wir haben Geschichten, Musik und einem alten Kapitän an Bord der „Norröna“.
Ich liebe diese Reise durch den Sturm. Das Wetter ist typisch für den Nordatlantik im Januar: Beaufort sieben bis acht, Wellen bis sechs Meter. Einige unserer Gäste fühlen sich nicht so besonders. Die meisten aber stehen an Deck und beobachten eine Landschaft aus Grau und aus Blau und weißen Kronen dazwischen. Kapitän Jürgen Schwandt sagt, dass es keinen Ort gibt, an dem man sich so klein und unbedeutend fühlt wie auf dem Nordatlantik im Winter. Das stimmt.
Nachts gehen Schläge durch das Schiff, wenn es eine große Welle bricht. Ich liege in der Koje und lese ein Buch über die Männer des Shetland Bus. Im Zweiten Weltkrieg nannte man so eine geheime Verbindung zwischen dem von Nazi-Deutschland besetzten Norwegen und den Shetlands. 373 Flüchtlinge rettete die „Shetland Gang“, sie brachte Ausrüstung für den Widerstand nach Norwegen und schleuste 192 Agenten der Alliierten ein.
Für die Fahrten über Nordsee und Nordatlantik nutzten die Widerstandskämpfer kleine, getarnte Fischerboote. Man wartete auf möglichst schlechtes Wetter, um von den Deutschen nicht entdeckt zu werden, und fuhr in der Dunkelheit los. Wer einmal die Wut der See weit draußen erlebt hat, der kann erahnen, welchen Mut die „Shetland Gang“ besaß.
Ihr bekanntester Kapitän hieß Leif Andreas Larsen, der nach seiner eigenen Flucht aus Norwegen 52 Überfahrten kommandierte. Tatsächlich: 52 mal fuhr er bei Sturm von Shetland nach Norwegen. Mit einer Mission im März 1943 lieferte er Waffen für eine Widerstandsgruppe in Traena. Auf der Rückkehr griffen deutsche Flugzeuge den Kutter an; sechs der acht Crewmitglieder wurden von Kugel getroffen, einer starb noch im Rettungsboot. Sie ruderten vier Tage ohne Unterlass weiter, bis sie nahe Alesund von einem anderen Kutter des „Shetland Bus“, der nach ihnen suchte, gerettet wurden.
Noch vor Ende des Krieges hatte „Shetland Larsen“ den Ruf einer Legende. Man zeichnete ihn mit den höchsten Preisen aus, unter anderem mit dem Victoria Cross, das eigentlich nur britischen Staatsbürgern vorbehalten ist. In einem Artikel über ihn viele Jahre später, veröffentlicht kurz vor seinem Tod, heißt es, er habe gelernt, den Deutschen zu vergeben. Als er die Inseln wieder besuchte, stellte er fest, dass eines der Gebäude in Scalloway, die der „Shetland Bus“ einst als Versteck nutzte, als Werkstatt benutzt wurde.
Für deutsche Autos.
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