Die Piraten sind zurück. Jede Woche schreibt Ankerherz Verlagsleiter Stefan Kruecken eine Geschichte vom Meer, die auch als Kolumne in der Hamburger Morgenpost erscheint. Diesmal geht es um die modernen Piraten im Golf von Guinea.
Als Piraten vor einigen Jahren Frachter und Tanker vor der Küste Somalias angriffen, waren die Überfälle häufig ein Thema der Nachrichten. In einem rechtsfreien Seegebiet vor einem rechtsfreien Land operierten mehr als tausend Kriminelle. Alleine im Jahr 2011 griffen die Piraten 250 Schiffe an, und die internationale Aufregung war groß.
Weltweite Schlagzeilen machte unter anderem der Überfall auf den Frachter Maersk Alabama, deren Kapitän von Spezialkräften der US Marine befreit wurde. Kapitän Phillips kam später, gespielt von Tom Hanks, sogar auf eine Hollywood-Leinwand. Militäroperationen der NATO, der EU und der Einsatz bewaffneter Security an Bord der Schiffe beendeten die Aktionen der Verbrecher schließlich.
Die Piraten sind zurück
Nun sind die Piraten zurück. Es gibt Tote, Verletzte und Entführungen. Doch es scheint kaum jemanden zu interessieren.
Die Piraten operieren nicht vor Somalia, sondern im Golf von Guinea, und in den großen Nachrichtensendungen hört man wenig bis nichts. Besonders gefährlich sind die Küstengewässer vor Guinea, Kamerun, Nigeria, Togo und Benin; mehr als 80% der weltweiten Geiselnahmen durch Piraten ereigneten sich 2019 in diesem Gebiet. Als extrem riskant gilt die Anfahrt in den Hafen der nigerianischen Metropole Lagos.
Nach Angaben eines neuen Reports des International Maritime Bureau (eine Unterorganisation der internationalen Handelskammern und der Vereinten Nationen) wurden im vergangenen Jahr im Golf von Guinea 121 Überfälle von Seeräubern gemeldet. Ein Anstieg von 50% in einem schon gefürchteten Gebiet.
Tote und Verletzte
Die Piraten sind bestens ausgerüstet, was man von den ermittelnden Behörden kaum behaupten kann. Am Dienstag griffen 15 schwer Bewaffnete einen Frachter vor Port Harcourt (Nigeria) aus einem Schnellboot an. Am 2. Januar töteten sie vier Sicherheitsleute und entführten drei Matrosen vor einem Ölterminal in Nigeria. Am 15. Dezember attackierten sie einen Tanker, die MT Duke, 110 Seemeilen vor der Küste von Benin. Sie entführten 20 der 21 Seeleute an Bord, alles Inder. Einen einzigen Seemann, einen Nigerianer, ließen sie zurück. Wenig später kidnappten Piraten acht Seeleute von einem griechischen Tanker, der dicht unter der Küste Kameruns auf Reede lag.
Alle Entführten wurden in der vergangenen Woche freigelassen. Ein Seemann aus Indien überlebte die Gefangenschaft nicht. Er soll an einer Krankheit gestorben sein, doch was genau die Ursache seines Todes war, steht in den wenigen Zeilen der Reederei nicht. Die Befragungen der Crews laufen angeblich noch. Ob Lösegeld bezahlt wurde?
Auch dies wurde nicht bekannt, wie so vieles, was mit den neuen Piraten zu tun hat.
Stefan Kruecken, Jahrgang 1975, leitet mit seiner Frau Julia den von ihnen gegründeten Ankerherz Verlag (www.ankerherz.de). Vorher war er Polizeireporter für die Chicago Tribune und arbeitete als Reporter für Zeitschriften wie max, Stern und GQ von Uganda bis Grönland.
HINWEIS: Am 29. Februar gibt es einen Ankerherz Kino-Abend zum Thema Piraten in den Harsefelder Lichtspielen. Gezeigt wird der Film „Captain Phillips“ und ein Kapitän berichtet über Kriminelle auf See. Tickets gibt es hier: http://kino-hotel.de/