Von Helden und Schurken handelt der zweite Teil des persönlichen Jahresrückblicks von Stefan. Im Februar 2023 sind wir auf der Suche nach spannenden Geschichten – in London, Amsterdam, auf Föhr und an den Küsten bei uns im Norden.
Der Beginn eines Jahres ist für uns oft wichtig, Dinge neu zu sortieren. Welche Geschichten wollen wir erzählen? Planen wir neue Reisen? Im Februar reisen wir nach Greenwich, ins maritime Herz von London. Schwer begeistert sind wir vom „Prospect of Whitby„, dem ältesten Pub an der Themse. Einst ein Treffpunkt für Schurken und Halsabschneider, heute eine der gemütlichsten Bars, die wir kennen (die Geschichte darüber liest Du HIER).
Sat1 und der NDR drehen Beiträge mit Stefan über den Erfolg seines Mutmacher-Buches „Das muss das Boot abkönnen„. Aufgezeichnet wird an Bord der Cap San Diego im Hamburger Hafen und wir finden: Das passt doch! Wir reisen zum Biike-Brennen auf die Insel Föhr. Und folgen im Anschluss an eine Tour nach Amsterdam einer Einladung nach Scheveningen nahe Den Haag. Hier besuchen wir einen Mann, der fortsetzt, was sein Vater begann: Hauptamtlich Held zu sein.
So oft es geht, fahren wir ans Meer. Vom Alten Tanzsaal in Hollenstedt bei Hamburg ist es nicht weit, weder auf die Inseln vor der ostfriesischen, der nordfriesischen Küste noch an die Strände der Ostsee. Es geht um die Recherche für neue Bücher, Kolumnen und Blogs. Aber auch darum, den Kopf freizubekommen in trüben Winterwochen, die geprägt sind von Nachrichten über Naturkatastrophen, chinesischen Spionageballonen und russischen Verbrechen in der Ukraine. Ein furchtbares Erdbeben in der Türkei kostet mehr als 50.000 Menschen das Leben. Der Krieg in Europa dauert nun schon zwei Jahre.
Eine Geschichte freut uns besonders. Hier bitte.
Zu Besuch in der Station der Helden
Haben Sie in dieser Woche auch von der Aufregung über eine „Influencerin“ gelesen, die in ein Naturschutzgebiet auf Island urinierte? Oder wer das Dschungelcamp gewann? Was auch immer das meint, wenn die Würde zuvor im Klo runtergespült wurde.
Es sind gefährliche, bedrohliche, verrückte Zeiten, gleichzeitig aber ist so vieles bescheuert in unserer Welt der (Sozialen) Medien. Ich sehne mich nach wahren, echten Geschichten von Menschen, die Großes im Kleinen leisten, nicht für sich und für ihren Instagram-Feed, sondern für die Gemeinschaft.
Als ich von Jaap Pronk erfuhr, 66, Chef der Seenotretter der Station Scheveningen, dem Hafen von Den Haag, war ich ergriffen. Es war ein Nachruf der niederländischen Retter der KNRM, die darauf hinwiesen, dass Skipper Pronk 2675 Menschen aus Seenot geholfen hatte. 2675! Welch eine Courage. Ich widmete Jaap das Vorwort in einem Buch, das ich zusammen mit dem Journalisten Olaf Kanter über die „Helden der See“ schrieb und wir ließen den Seenotretter von einem Künstler zeichnen. Das Buch schickte ich hinterher an die Station in Scheveningen.
Viel zu tun für die Retter von Scheveningen
Wenig später antwortete mir sein Sohn: Hugo Pronk, 42, ist heute Chef der Station und freute sich wirklich. Seine Einladung konnte ich wegen Corona lange Zeit nicht annehmen. Nun war es endlich so weit. Hugo zeigte mir die alte Station und den Neubau direkt am Hafenbecken. Meine Kinder durften auf den Stühlen im Seenotrettungskreuzer „Kitty“ Platz nehmen.
Hugo Prank sah erschöpft aus. 142 Einsätze zählten die Retter von Scheveningen in 2022, im Jahr davor waren es sogar noch hundert mehr gewesen. Darunter war auch das furchtbare Drama am Wellenbrecher unmittelbar vor der Station, bei dem fünf junge Surfer in der Nordsee ertranken.
Hugo ist der einzige Festangestellte. Er leitet Crews von Ehrenamtlern an. Nicht mehr nur Fischer und Seeleute, wie früher, sondern auch Anwälte oder IT-Experten. Ein Bildschirm zeigt ihm, wer im Falle eines Notfalls einsatzbereit ist. Es ist ein hartes Engagement, nicht nur wegen Wind und Wellen. „Einige Selbstmörder gab es schon in diesem Jahr, mehr als sonst“, meinte er. Darunter viele junge Leute. Späte Opfer von Corona.
Nach dem Besuch gingen wir an den Strand. Ein Sturm heulte über die Nordsee. Vielleicht musste Hugo mit seinen Freiwilligen später noch raus, um Leben zu retten.
Wie sein Vater. 2675 Menschen, die er nicht kannte. Ich feiere die Familie Pronk.