Einsatz für die Rehnotretter: Vor dem Hauptstrand von Travemünde holten die Seenotretter am Sonntagnachmittag ein Reh aus dem Wasser. Dafür mussten die freiwilligen Retter kurzfristig auch „in Reh“ gehen.
Was das Reh umtrieb, in die Ostsee zu gehen und so weit rauszuschwimmen? In der Coronakrise kann man zunehmend seltsames Verhalten beobachten. Jedenfalls sahen mehrere Passanten am Hauptstrand, dass da etwas im Wasser schwamm, was dort nicht hingehörte. Gehörnte Robben sind in der Ostsee bislang jedenfalls unbekannt. Um kurz nach vier Uhr erreichte der Notruf die DGzRS-Station Travemünde.
Ob die Seenotretter begeistert waren, drei Tage nach der Generalüberholung ihres Seenotrettungsbootes Hans Ingwersen ausgerechnet einen kleinen Rehbock retten zu müssen? Das steht nicht im Einsatzbericht. Sie erledigten ihre Aufgabe gewohnt professionell und fanden nach wenigen Minuten den Freischwimmer, der etwa dreihundert Meter weit vom Strand abgetrieben war.
Vormann Horst-Dieter Eder manövrierte Hans Ingwersen mit geschickten nautischen Manövern an das Wild heran. Er ging gewissermaßen „in Reh“, um diesen Kalauer an dieser Stelle zu platzieren. „Mehr see- als waidmännischer Sachverstand war dazu nötig, denn als uns das Tier wahrgenommen hatte, schwamm es bereits in unsere Richtung“, berichtet er.
Rehnotretter von Travemünde
Die Seenotretter öffneten die Bergungspforte ihres Bootes, eine Tür in der Bordwand, die sich nahezu auf Höhe der Wasserlinie befindet. „Dann mussten wir ordentlich zupacken“, berichtet die freiwillige Seenotretterin Marina Bülow, die das Tier an Bord zog. In der Plicht der Hans Ingwersen machte das Reh zunächst einen geschwächten Eindruck. Es erholte sich aber rasch – als ob es spürte, dass es bei den Seenotrettern in guten Händen war. Die Besatzung bat die Wasserschutzpolizei um Unterstützung, um das Tier an Land zu bringen.
Die Polizisten verständigten den zuständigen „Jagdausübungsberechtigten“, so steht es in der Einsatzmeldung (was für ein deutsches Wort). Er schätzte das Alter des Rehbocks auf etwa zwei bis drei Jahre alt. Von ihm gab es dann einen Shuttle-Service in einen nahegelegenen Wald, wo sich der kleine Bock – so hoffen alle am Einsatz Beteiligten – weiter erholen wird.
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