Seit mehr als 200 Tagen liegt der Öltanker „Eventin“ vor der Küste Rügens – beladen mit rund 100.000 Tonnen russischem Rohöl. Das Schiff der sogenannten russischen Schattenflotte wurde im Februar von deutschen Behörden beschlagnahmt. Doch die juristische Auseinandersetzung um die Rechtmäßigkeit dieser Maßnahme zieht sich hin - und es ist nicht mehr lange, bis die Saison der Herbststürme beginnt.
Der unter panamaischer Flagge fahrende Tanker war in der Nacht vom 9. auf den 10. Januar manövrierunfähig geworden, nachdem seine Maschinen ausgefallen waren. Nordwind drückte ihn gefährlich in Richtung Rügen. In einer aufwendigen Aktion gelang es den Experten des Havariekommandos in Cuxhaven, eine Katastrophe zu verhindern. Schlepper sicherten das Schiff und zogen es vor Sassnitz auf Reede. (HIER geht es zum Einsatzbericht).
Sorge vor Herbststürmen
Seitdem liegt es dort – inmitten sensibler Schutzgebiete wie dem Nationalpark Jasmund, dem Biosphärenreservat Südost-Rügen und einem EU-Vogelschutzgebiet.
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Mit Beginn der Sturmsaison wächst auf der Insel die Sorge. „Je kürzer der alte Tanker da liegt, umso besser“, sagt Finn Viehberg, Leiter des WWF-Ostseebüros. Auch der Tourismusverband Rügen fordert eine „umgehende Entfernung“ des Schiffs. Verbandschef Andreas Heinemann betont, ein solch großes Schiff gehöre in einen geeigneten Hafen.
Politische und rechtliche Dimension
Die Festsetzung gilt als Präzedenzfall: Deutschland will damit ein Zeichen im Sanktionsregime gegen Russland setzen. Laut Sanktionsrechtsexperte Sascha Lohmann (Stiftung Wissenschaft und Politik) machen die Erlöse aus Ölexporten rund ein Drittel des russischen Staatshaushalts aus. 444 Tanker und Frachter gelten inzwischen in der EU als Teil der Schattenflotte.
Der frühere Eigner der „Eventin“ beansprucht Schiff und Ladung weiterhin. Das Finanzgericht in Greifswald hat Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Beschlagnahme geäußert und diese zunächst ausgesetzt. Der Bundesfinanzhof soll nun bis Mitte September entscheiden. Parallel läuft auf europäischer Ebene ein Verfahren gegen die Listung des Tankers.
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Viele Inselbewohner kritisieren, dass das juristische Tauziehen auf ihre Kosten ausgetragen wird. Die Kreistagsabgeordnete Carmen Kannengießer spricht von einem erheblichen Gefahrenpotenzial – nicht nur durch mögliche Öllecks, sondern auch als Ziel für Angriffe auf kritische Infrastruktur. Irritation lösten zudem Aussagen von Landrat Stefan Kerth aus, der das Risiko im Falle eines Schadens heruntergespielt hatte.
Kritik auf Rügen
Während Bundesverkehrsministerium und Berufsgenossenschaft Verkehr den Tanker technisch als sicher einstufen, bleibt der Unmut auf Rügen groß. Für die Menschen vor Ort ist klar: Unabhängig vom Ausgang des Rechtsstreits müsse das Schiff in einen sicheren Hafen gebracht werden - lieber heute als morgen...