In Stefans neuer Geschichte vom Meer geht es um Respekt. Für die Soldaten und Soldatinnen der Marine – aber auch für ihre Angehörigen. Was auf See geleistet wird, bleibt zu oft hinter dem Horizont verborgen. Aber Familien und Freunde an Land aushalten, vergisst man auch zu oft. Daher: Danke!
Nun ist es einige Jahre her, dass ich mit dem Erschaffer des „perfekten Sturm“ in seiner Bar in Manhattan Whisky trank. Sebastian Junger, Jahrgang 1962, ist Autor des Weltbestsellers über den Überlebenskampf eines Fischtrawlers im größten Sturm auf dem Nordatlantik. Ein Drama, das Hollywood mit George Clooney und Mark Wahlberg in den Hauptrollen verfilmte.
Von den Erlösen hatte sich Junger an einer Bar beteiligt, Ecke 23rd Street und 10th Avenue, direkt unter der High Line. In dieser Nacht saßen mehrere Kriegsreporter zusammen, wir tranken Scotch und diskutierten über alles mögliche. Eines vergesse ich nie.
Junger argumentierte, dass jede Gesellschaft von Männern und Frauen zusammengehalten wird, die sich für den Dienst an der Gesellschaft entscheiden, zum Beispiel Feuerwehrleute, Rettungsdienstmitarbeiter, Krankenschwestern, Polizisten und Soldaten. Sie wählen die Berufe nicht, um reich zu werden, sondern weil sie Wichtiges leisten und die Gesellschaft ihnen dafür Respekt zurückgibt.
Doch dieser Respekt, auch im täglichen Umgang, der fehle immer mehr. Stattdessen: Hämische Kommentare, Vorurteile, Social Media Müll. „Wer will das noch machen und warum?“, fragte Junger. „Diese Leute sind der Kitt einer Gesellschaft. Wenn dieser Kitt fehlt, stürzt vieles zusammen.“
Daran dachte ich in dieser Woche. Auf der Ostsee läuft das NATO-Manöver „Northern Coast“. Gemeinsam mit 13 anderen Nationen spielt die Marine den Ernstfall durch: die Bündnisverteidigung gegen einen russischen Angriff. Knapp 3000 Soldaten, die Crews von 30 Schiffen und vielen Flugzeugen trainieren, und gesteuert wird alles vom neuen Befehlsstand in Rostock.
Was die Marine leistet: unglaublich
Was vor einigen Monaten noch als hypothetische Übung galt, als reine Theorie, wird in Kriegszeiten enorm wichtig. Über die Soldatinnen und Soldaten, die monatelang auf See sind, spricht dennoch kaum jemand. Was sie leisten, bleibt meist hinter dem Horizont verborgen.
Dies betrifft auch ihre Familien. Ich mailte mit der Frau eines Soldaten an Bord einer Fregatte, die mir schrieb, dass die Funkstille im Manöver für die Kinder schwierig ist. Denn dann fallen auch WhatsApp als Gutenachtgruss oder ein Skype-Video aus. Nicht mal ein kleines bisschen Nähe ist möglich. „Unser Sohn fragt öfter, wo Papa ist. Ich kann es ihm manchmal in der App Schiffsradar zeigen“.
Wenn die Schiffe wieder in Wilhelmshaven einlaufen, sind es immer emotionale Wiedersehen für die Besatzungen und ihre Angehörigen. Nach so langer Trennung. Ich finde, wir sollten alle Danke sagen. Damit der Kitt, der ein Land zusammenhält, nicht bröckelt, sondern stärker wird. Laut und klar.
Also. Danke für Euren Einsatz!
Stefan Kruecken, Jahrgang 1975, leitet mit seiner Frau Julia den von ihnen gegründeten Ankerherz Verlag. Vorher war er Polizeireporter für die Chicago Tribune und arbeitete als Reporter für Zeitschriften wie max, Stern und GQ von Uganda bis Grönland. Gerade erschien sein neues Buch: „Muss das Boot abkönnen“.